Presse-Aussendung vom 15.03.2005

Elektrogeräte für den Müll

Die steigende Produktion und die erhöhte Nachfrage von Elektro- und Elektronikgeräten führt zwangsläufig weltweit zu Millionen Tonnen von Elektronikschrott, der im Müll landet und unsere Umwelt gefährdet.

Die Produktion von Elektro- und Elektronikgeräten (EEA) ist einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaftssektoren der Welt. Nach einer Statistik der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik geben die EuropäerInnen jährlich durchschnittlich € 240,- für Fernsehgeräte, Videorecorder und HiFi-Geräte aus.
Diese Entwicklung führt zu einer beträchtlichen Zunahme des so genannten "Elektronikschrotts" - WEEE (Waste of Electric and Electronic Equipment). Dazu gehören im Wesentlichen alle Haushaltsgeräte, Geräte der Unterhaltungselektronik, der Büro-, Informations- und Kommunikationstechnik, Elektrowerkzeuge, Mess-, Steuerungs- und Regelungsanlagen, Spielzeuge, Uhren sowie Geräte der Bildaufzeichnung und -wiedergabe. So fallen in Österreich Jahr für Jahr etwa 100.000 t Elektronikschrott als Abfall an

Wachsendes Problembewusstsein

In den 1980er und 90er Jahren wurde Elektroschrott achtlos auf Deponien abgelagert oder landete in Müllverbrennungsanlagen. Diese Entsorgungspraxis entpuppte sich als großes Problem: Elektronikschrott enthält zahlreiche Bestandteile, darunter Problemstoffe wie Blei, Cadmium oder PCB (polychlorierte Biphenyle), die bei unsachgemäßer Entsorgung schädliche Auswirkungen auf die Umwelt und den Menschen haben.
Aber auch wertvolle Werkstoffe werden beseitigt und gehen so für nachfolgende Generationen verloren. Abgesehen von der Verschwendung von Ressourcen ist auch die massive Verschmutzung der Umwelt durch den Bergbau bedenklich: Für die Produktion eines 100g leichten Mobiltelefons etwa werden 15 kg verschiedenster Ressourcen verbraucht.
Seit das Problem des Elektronikschrotts zu Beginn der 90er Jahre erkannt wurde, werden in zahlreichen Ländern Konzepte erstellt, um die Verwertung und umweltgerechte Entsorgung dieses Teils der Abfallströme zu gewährleisten.
Seit Anfang 2003 regelt die WEEERichtlinie der EU die Sammlung und Behandlung elektrischer und elektronischer Altgeräte. Wesentliche Punkte sind die kostenlose Rückgabemöglichkeit für Geräte
aus privaten Haushalten und die Verpflichtung des Handels, bei Neukauf ein Altgerät derselben Art oder Funktion kostenlos zurückzunehmen.
HerstellerInnen und ImporteurInnen sind nach dem Prinzip der ProduzentInnenverantwortung für die umweltgerechte Behandlung der gesammelten EAG (Elektroaltgeräte) verantwortlich. Das Sammelziel von 4 kg pro EinwohnerIn und Jahr ist bis Ende 2006 zu erreichen. Dieses Ziel erscheint nicht gerade hoch, wenn wir uns vor Augen führen, dass in Österreich jährlich rund 12 kg und in der BRD sogar ca. 25 kg Altgeräte pro Kopf anfallen. Es ist jedoch ein Schritt in die richtige Richtung.

Müll durch Innovation

Für die nächsten zehn Jahre wird ein enormer Zuwachs an Elektronikschrott prognostiziert, so geht z. B. das Umweltbundesamt von einer Zunahme um bis zu 10% jährlich in der BRD aus, die Europäische Kommission von rund 5% Wachstum in denMitgliedstaaten. Viele Geräte haben auch eine immer kürzere Nutzungsdauer. Lag in den 1960er- Jahren die Erstnutzung von Computern noch bei ca. zehn Jahren, beträgt sie heute im Durchschnitt vier Jahre und bei den innovativsten Produkten sogar unter zwei Jahre.
Die neue Multifunktionalität wie beispielsweise das Mobiltelefon, das auch Fotos macht, trägt wesentlich dazu bei, dass permanent neue Produkte entwickelt und angeboten werden. Die technikverliebte Computer- und Telekommunikationsbranche schwärmt von "intelligenten Automaten" (wie Kühlschränken, die zur Neige gehende Vorräte nachbestellen können) und glaubt, das menschliche Denken sei durch geeignete Hard- und Software zu unterstützen oder gar zu ersetzen.
Neben gesellschaftlichen Aspekten der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, wie die Frage, ob wir tatsächlich all diese Geräte brauchen, ist die Frage der Ressourcennutzung bzw. -schonung von entscheidender Bedeutung.

Es gibt Alternativen

Das Projekt "ReUse-Computer" an der Technischen Universität Berlin zeigt Möglichkeiten der Wieder- und Weiterverwendung von gebrauchter Informations- und Kommunikationstechnologie auf. Die WissenschaftlerInnen konnten zeigen, dass es ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist, gebrauchte E-Geräte wieder einzusetzen.
Der wesentlich größere ökologische Ballast ist der Energieverbrauch für die extrem aufwändige Elektronikfertigung, der sich auch durch Materialrecycling nicht reduzieren lässt. So werden durch Recycling eines PCs unter Rückgewinnung der Metalle und der thermischen Nutzung der Kunststoffe nur 13% der für die Herstellung aufgewendeten Energie zurückgewonnen. Die restlichen 87% des "energetischen Rucksacks" gehen für immer verloren, sobald der PC entsorgt wird.
Die Wiederverwendung einzelner Komponenten oder ganzer Geräte macht die Herstellung neuer Produkte überflüssig und spart somit Ressourcen.
Ein weiterer Ansatz ist die Entwicklung neuer Konsum- und Nutzungsmuster. Umweltentlastungspotentiale bieten in dieser Hinsicht ökologisch effiziente Dienstleistungen, so genannte "Eco-Services" wie Leasing-, Miet-, Pooling- und Sharingsysteme in Verbindung mit Reparaturberieben und Secondhandhandel.
Die Idee einer Mehrfachnutzung ist, nicht das Produkt selbst, sondern den Produktnutzen zu verkaufen. Produktkreisläufe könnten etabliert werden, wenn die Lebensdauer von Produkten verlängert bzw. Wiederverwendung und Recycling erleichtert würden.
Gleichzeitig bieten Eco-Services wirtschaftliche Chancen, neue Geschäftsfelder zu erschließen, regionale Wertschöpfungsketten über die Produktion und den Vertrieb hinaus zu entwickeln und damit Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen.
Auch die KonsumentInnen tragen Verantwortung. Sie sollten sich vor dem Kauf überlegen, ob sie das Produkt wirklich benötigen. Und wenn schon, dann reparaturfreundliche Qualitätsprodukte wählen und im Fall einer Beschädigung prüfen, ob nicht eine Reparatur die bessere Alternative zum Neukauf ist.

Dieser Beitrag von Christian Pladerer erschien in "Planet - Zeitung für politische Ökologie", Ausgabe März/April 2005.

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